Quelle: Artikel der Esslinger Zeitung vom 27.08.2016
Familienpaten helfen auf Zeit
KREIS ESSLINGEN: Der Kinderschutzbund sucht Unterstützung – Im Kreisverband engagieren sich 13 Paten
Von Anneliese Lieb
„Du warst Anker und Juwel im Wochenablauf. Du schenktest mir so kostbare Momente des Ausatmens und Krafttankens.“ Worte aus dem Dankbrief einer Mutter, die Barbara Mössnang als Familienpatin des Kinderschutzbundes Esslingen einige Monate lang begleitet hat. Diese Zeilen zum Ende ihrer Betreuungszeit – die Familie ist inzwischen in eine andere Stadt umgezogen – haben Mössnang sehr gefreut. Zweimal in der Woche hat sie die Familie mit drei Monate alten Zwillingen und einem zwei Jahre alten Mädchen besucht.
Das Wohl von Kindern steht im Mittelpunkt. Eltern zu entlasten, Zeit zu schenken, das zählt zu den Hauptaufgaben der 13 Familienpaten, die sich beim Esslinger Kreisverband des Kinderschutzbundes engagieren. „Es wäre schön, wenn sich auch im Esslinger Raum weitere Ehrenamtliche für unsere Aufgaben finden“, sagt Irmgard Greiner, die hauptamtlich für den Bereich Familienpaten zuständig ist.
„Von Anfang an Grundvertrauen da“
Welche Aufgaben eine Familienpatin übernimmt, wird in einer Vereinbarung fixiert. Der Einsatz erfolgt häufig im Zuge der frühen Hilfen. Voraussetzung ist, dass ein Kind in der Familie unter drei Jahre alt ist und es sich um eine präventive Maßnahme handelt, die größere Problemlagen verhindern soll.
Angelika Roggmann ist seit fünf Jahren beim Kinderschutzbund ehrenamtlich engagiert. Als sie sich am Ende ihrer Berufstätigkeit überlegt hat, wie sie sich engagieren könnte, lag es für die ausgebildete Kinderkrankenschwester nahe, sich für Kinder einzusetzen. Die Esslingerin betreut derzeit zwei Familien mit jeweils drei Kindern. Eine der Mütter ist krank und muss regelmäßig zur Behandlung. Damit die Kinder dann in dieser Zeit nicht allein sind, geht Roggmann mit ihren Schützlingen spazieren oder spielt mit ihnen. „Probleme hat es noch nie gegeben“, berichtet die zierliche Frau. „Von Anfang an war ein Grundvertrauen da und das ist mit jedem Besuch gewachsen.“ Außerdem, so Roggmann, „merken die Kinder, dass ich entspannt bin“, was bei den Müttern, die mehrere Kinder haben, meist nicht der Fall sei. In der Regel begleiten die Paten eine Familie zwischen sechs Monaten und einem Jahr.
Angelika Roggmann hat zu einigen Familien, denen sie geholfen hat, auch über die Befristung hinaus noch Kontakt. „Manchmal werde ich auch gefragt, ob ich abends mal auf die Kinder aufpassen kann.“ Soweit dies in ihren Terminkalender passt, hilft sie, „damit die Eltern sich auch mal einen schönen Abend außer Haus machen können.“ Uschi Meine ist seit zwei Jahren Familienpatin. Ihre eigenen Kinder sind längst erwachsen, leben in München und im Ausland und Enkel sind noch nicht in Sicht. Da hat sie entschieden, einen Teil ihrer Freizeit als Familienpatin einzubringen. Die Aufgabe macht ihr Spaß. Derzeit geht sie einmal in der Woche zu einer Familie mit einem viermonatigen Säugling. Bei dem kleinen Mädchen handelt es sich um ein sogenanntes Schreikind. Die Kleine schreit oft mehrere Stunden am Stück. „Die Mama ist dann fix und fertig“. Meine versucht, den Säugling dann abzulenken und geht mit ihm spazieren. Doch auch ihr gelingt es nicht immer, die Kleine zu beruhigen. „Dann werde ich von Passanten auch mal gefragt, ob das Baby Hunger hat“, erzählt sie.
Enge Kooperation mit Jugendhilfe
Der Kinderschutzbund arbeitet sehr eng mit den Jugendhilfeeinrichtungen im Landkreis zusammen. Familienpaten werden eingesetzt bei sehr jungen Eltern, Alleinerziehenden, Eltern in Trennungs- und Scheidungssituation, bei Familien, die isoliert leben und kein funktionierendes Netzwerk haben oder Familien mit Mehrfachbelastungen wie Krankheit, Behinderung, Arbeitslosigkeit oder Verschuldung. Einsatzgebiete sind auch Familien mit Migrationshintergrund, die kaum integriert sind.
„Die Familienpaten besuchen die Familien bis zu ein Jahr lang ein- bis zweimal in der Woche. Bei Bedarf auch länger“, sagt Irmgard Greiner. Die Diplom-Sozialarbeiterin führt die Erstgespräche mit den Familien.
Was bedeutet es, Familienpate zu werden?
Voraussetzungen: Die Ehrenamtlichen sollten Freude an der Arbeit mit Kindern haben. „Wenn sie eigene Kinder haben, ist das sicherlich hilfreich, aber nicht Voraussetzung“, sagt Irmgard Greiner vom Kinderschutzbund in Esslingen. Zwei bis vier Stunden in der Wochen umfassen die Einsätze. Paten und Familien unterzeichnen eine Vereinbarung, in der sie zusichern, dass die vereinbarten Besuchszeiten eingehalten werden.
Aufgaben: Zu den Aufgaben der Familienpaten können auch die Begleitung zu Behördengängen oder Arztbesuchen gehören, die Anregung für sinnvolles Spielen und kreative Freizeitgestaltung mit den Kindern sowie die Unterstützung bei einer effektiven Zeiteinteilung, erläutert Irmgard Greiner. Die Familienpaten seien auf gar keinen Fall reine Babysitter und auch keine Putzhilfe.
Vorbereitung: Die Familienpaten erhalten eine Aufwandsentschädigung von vier Euro pro Stunde. Die Kosten für die Schulung zur Vorbereitung auf die Tätigkeit sowie für den Erste-Hilfe-Kurs trägt der Kinderschutzbund. Auch die weiteren Fortbildungen, die jedes Jahr angeboten werden, müssen die Ehrenamtlichen nicht selbst finanzieren.
Kontakt: Wer sich für die Aufgaben als Familienpate interessiert, erhält nähere Informationen beim Kinderschutzbund in Esslingen. Irmgard Greiner ist unter Tel. 07 11/3 51 53 26 oder Tel. 01 77/1 84 80 93 oder unter E-Mail irmgard.greiner@ksb-es.de erreichbar. Vorbereitet auf ihre Einsätze werden die Familienpaten bei einem Seminar. Die nächste Schulung soll im Herbst stattfinden.